Sollte Donald Trump wieder gewählt werden, verfügt er über einen realistischen und plausiblen Plan für einen radikalen Umbau der amerikanischen Regierung. Dieser Plan wurde seit Jahren von einer Gruppe von „America First“-Populisten und konservativen Organisationen detailliert und zielstrebig ausgearbeitet – nicht im Geheimen, sondern in aller Öffentlichkeit.
Die Heritage Foundation und das so genannte Projekt 25 haben in tausendseitigen politischen Dokumenten ihre Vorstellungen einer zweiten Amtszeit von Donald Trump, von „Trump Two“, deutlich gemacht.
Dieser Plan gilt auch als eine Art Blaupause für die Konzentration politischer Macht. Bereits während seiner Amtszeit als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika unterzeichnete Donald Trump am 21. Oktober 2020, genau 13 Tage vor den Präsidentschaftswahlen, einen Präsidialerlass mit dem Titel “Creating Schedule F in the Excepted Service” (Erstellung von Anhang F im Außerordentlichen Dienst).
Dies verschaffte Donald Trump für kurze Zeit wieder ein großes Medienecho, doch geriet der Plan durch die Ereignisse rund um den Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 wieder in Vergessenheit. Joe Biden widerrief Schedule F kurz nach seiner Amtseinführung.
Donald Trump will jeden feuern dürfen
Doch bereits bei einer Wahlkampfveranstaltung im März 2022 in South Carolina erklärte Donald Trump seinen Anhängern, dass er entscheidende Reformen durchsetzen werde, die es dem Präsidenten der Vereinigten Staaten ermöglichen, jeden Mitarbeiter der Exekutive zu entlassen. „Der Staat im Staate muss und wird in seine Schranken verwiesen werden“.
Wie enge Vertraute des Ex-Präsidenten gegenüber Journalisten erklärten, wird Donald Trump seine Präsidialverordnung sofort nach seiner Rückkehr ins Weiße Haus wieder in Kraft setzen. Bereits in den ersten 100 Tagen seiner möglichen zweiten Amtszeit, die am 20. Januar 2025 beginnen könnte, würden die Personal- und Aktionspläne umgesetzt.
Der Plan für Trump Two
Der eigentliche Plan für Trump Two setzt sich aus drei wesentlichen Teilen zusammen:
- Alle Personen, die Donald Trump uneingeschränkt loyal sind, sollen ein politisches Mandat erhalten und in Positionen gebracht werden, in denen politische Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden.
Um Punkt eins des Plans umzusetzen, sind die Heritage Foundation und Dutzende von Organisationen, die Donald Trump nahestehen, bereits aktiv geworden. Sie suchen gut 20.000 Kandidaten, die als MAGA-Beauftragte in jeder Behörde der Regierung eingesetzt werden sollen. Sie sollen beispielsweise in Behörden arbeiten, die für den Umweltschutz, die Regulierung der Sicherheit am Arbeitsplatz, die Steuererhebung, die Festlegung der Einwanderungspolitik, die Aufrechterhaltung von Sicherheitsnetzprogrammen, die Vertretung amerikanischer Interessen im Ausland und die Gewährleistung einer unabhängigen Rechtsstaatlichkeit zuständig sind.
- Die Beamtenschaft soll eingeschüchtert und verängstigt werden, damit sie sich unterordnet und keinen Widerstand gegen politische Vorhaben leistet.
Der zweite Punkt des Plans wird durch die Anordnung des Präsidenten vom 21. Oktober 2020, kurz Schedule F, umgesetzt. Schedule F soll nun MAGA-Beauftragte mit fundierter Erfahrung in der Umsetzung aller großen Bundesprogramme in politische Ämter bringen.
- Es soll ein rechtlicher Rahmen geschaffen werden, der es Herrn Trump ermöglicht, die Ressourcen der Regierung zu nutzen, um sich selbst zu schützen, seine politischen Gegner anzugreifen und seine politischen Ziele durchzusetzen, ohne dafür die Zustimmung des Kongresses einholen zu müssen.
Der dritte Punkt in Donald Trumps Plan besteht darin, loyale Trump-Anhänger als interne Regierungsjuristen einzusetzen. Diese würden sogar rechts- oder verfassungswidrige Maßnahmen durchwinken, wenn es einem Präsidenten Donald Trump in den Kram passt. Wenn die Regierungsanwälte die Unabhängigkeit des Justizministeriums nicht mehr verteidigen, wird Donald Trump das Ministerium nutzen, um sich vor rechtlicher Verantwortung zu schützen und seine Feinde zu verfolgen.
Was ist Schedule F?
Schedule F sieht die Schaffung einer neuen Einstufung für Bundesbedienstete vor, die als „Schedule-F-Angestellte“ bezeichnet werden können. Zehntausende von Beamt*innen in Positionen, von denen angenommen wird, dass sie einen gewissen Einfluss auf die Politik haben, sollen nach ihrer Loyalität zu Donald Trump eingestuft werden. Gesucht werden nur Menschen, die mit Begeisterung für einen Präsidenten arbeiten wollen, der zwei Amtsenthebungsverfahren hinter sich hat und versuchte, das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen 2020 zu kippen.
Hat eine Beamtin oder ein Beamter auch nur einmal Zweifel an der Richtigkeit des Kapitolsturms geäußert, wird sie oder er nicht in die Liste aufgenommen. Bei einer Neuzuordnung verlieren sie ihren Beschäftigungsschutz und werden zu Angestellten nach Belieben. Sollte Donald Trump Präsident werden, droht ihnen die Entlassung.
Welche Auswirkungen hat Schedule F?
Die Spitzenpositionen in der Regierung und im öffentlichen Dienst sollen nur noch mit Loyalisten der „America First“-Ideologie besetzt werden. Bis zu 50.000 Bundesbedienstete von über 2 Millionen könnten dadurch ihren Arbeitsplatz verlieren.
Gleichzeitig werden die frei werdenden Stellen mit loyalen und treuen Trump-Anhängern besetzt, die aus Angst, als illoyal zu gelten und disqualifiziert zu werden, keine Entscheidung der Regierung in Frage stellen werden.
Die Folge wäre, dass nur noch Beamte mit „flexiblem Rückgrat“ politisch wichtige Ämter bekleiden würden. Die Forderung nach rechtlicher Unabhängigkeit der Beamten wäre nicht mehr haltbar und umstrittene politische Veränderungen könnten leichter durchgesetzt werden.
Die „America First“-Populisten, die Heritage Foundation und Project 25 operieren an mehreren Fronten gleichzeitig. Sie gestalten die Politik, suchen Spitzenkandidaten und bauen einen beispiellosen alternativen Beamtenapparat auf. Diese konservativen Gruppen bereiten sich auf juristische Anfechtungen und Verteidigungen vor, die vor Trump-freundlichen Richtern landen könnten – bis hin zu einem republikanisch dominierten Obersten Gerichtshof mit sechs zu drei Stimmen, so die Befürchtungen.
Den Staat im Staate vernichten
Die konservativen Organisationen haben einen weitreichenden Plan. Sie wollen den so genannten deep state oder Staat im Staate unschädlich machen. Nach Donald Trumps Worten wird entweder der Staat im Staate Amerika zerstören oder er und seine Getreuen werden den Staat im Staate zerstören. Donald Trump kann das Erreichte auch nutzen, um Rachefeldzüge gegen tatsächliche oder vermeintliche Feinde zu führen. Der Präsident und seine Verbündeten können sich so vor Ermittlungen oder Strafverfolgung schützen.
Für den Fall seiner Wiederwahl hat Donald Trump versprochen, endlich „die Samthandschuhe auszuziehen“ und zuzuschlagen. Er beabsichtigt sogar, eines der größten Tabus der Amerikaner zu brechen: Er will die amerikanische Verfassung außer Kraft setzen.
Der jüngste Artikel in der New York Times macht deutlich, dass eine erneute Wahl von Donald Trump auch für die Amerikaner*innen erhebliche Nachteile mit sich bringen würde.
Das Funktionieren der Regierung ist auch gelebte Demokratie, ein Gradmesser für die Einhaltung des Gesellschaftsvertrages zwischen Bürger und Staat. Wenn Werte wie Transparenz, Rechtmäßigkeit, Ehrlichkeit, Rechtsstaatlichkeit, Verfassungstreue und Kompetenz in den Ämtern gefährdet sind, ist auch unsere Demokratie in Gefahr.
Zur englischen Übersetzung des Artikels: Donald Trump’s secret recipe for a second term