Urheberrecht: Sind ChatGPT-Texte eigentlich geschützt?

von | 1 Mrz 2024

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Urheberrecht und Urheberrechtsgesetz 2024

ChatGPT ist ein auf künstlicher Intelligenz basierender Chatbot. Er beherrscht beispielsweise mehrere Sprachen und versteht Texteingaben in natürlicher Sprache. Darüber hinaus kann er Fragen zu allen möglichen Themen beantworten und Texte erstellen oder übersetzen. Die Fähigkeiten, die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten und die kostenlose Nutzung haben ChatGPT zur am schnellsten wachsenden Internetanwendung gemacht. Der enorme Erfolg von ChatGPT stellt das Urheberrecht jedoch immer wieder vor Grenzen und neue Herausforderungen. Es stellt sich die Frage, ob von künstlicher Intelligenz erstellte Texte unter das Urheberrecht fallen und ob der Gesetzgeber tätig werden muss.

Um diese Fragen zu beantworten, muss geklärt werden,

  • was das Urheberrecht eigentlich ist,
  • was urheberrechtlich geschützte Werke sind,
  • was Urheber im Sinne des Gesetzes sind und
  • ob ChatGPT ein Urheber von Texten oder allgemein Werken sein kann.

Was ist Urheberecht?

Das Urheberrecht ist allgemein eine Sammlung von Rechtnormen. Es besteht im Wesentlichen aus dem Urheberrechtsgesetz (UrhG), dem Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) und dem Verlagsgesetz (VerlG). Zweck des Urheberrechts ist der rechtliche Schutz des kulturellen Schaffens. Im Gegensatz dazu steht der gewerbliche Rechtsschutz. Dieser wird unter anderem durch das Patent- und Markenrecht gewährleistet.

Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte

Das Urheberrechtsgesetz (UrHG) vom 9. September 1965 trat am 1. Januar 1966 in Kraft. Das Ziel dieses Gesetzes ist so formuliert:

Die Urheber von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst genießen für ihre Werke Schutz nach Maßgabe dieses Gesetzes. […] Das Urheberrecht schützt den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in der Nutzung des Werkes. Es dient zugleich der Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Nutzung des Werkes.

Das Urheberrecht dient also dem Schutz des Werkes und seines Schöpfers. Doch wie definiert der Gesetzgeber ein Werk und was gilt es zu beachten, wenn es genutzt wird?

Was sind urheberechtlich geschützte Werke?

In § 2 Abs. 2 des Urhebergesetzes heißt es:

Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen.

Nur ein Werk, das eine persönliche geistige Schöpfung darstellt, kann unter das Urheberrecht fallen. Das Werk muss etwas Neues sein, das sich von dem bereits Vorhandenen unterscheidet und eine schöpferische Leistung erkennen lässt.

Voraussetzung für das Entstehen eines Werkes ist ein*e Schöpfer*in. Dieser*diese gibt seiner*ihrer Idee eine Form, die für die menschlichen Sinne wahrnehmbar ist. Diese Form ist erkennbar nach dem Willen des*der Schöpfers*in entstanden und nicht durch Zufall oder von der Natur gegeben.

Zusammengefasst müssen daher vier Voraussetzungen erfüllt sein, damit eine persönliche geistige Schöpfung als Werk urheberrechtlich geschützt ist:

  • Das Werk muss das Ergebnis menschlicher Kreativität sein.
  • Es muss mit den menschlichen Sinnen erfasst werden können. Eine dauerhafte Form ist nicht erforderlich.
  • Das Werk muss das Ergebnis einer schöpferischen Leistung sein.
  • Es muss durch den*die Schöpfer*in und seine*ihre Persönlichkeit gekennzeichnet sein.

Schöpfungshöhe

Die Frage, ob eine Schöpfung durch das Urheberrecht geschützt ist, hängt auch von der so genannten Schöpfungshöhe ab. Wenn diese erreicht ist und auch die übrigen Voraussetzungen des UrhG erfüllt sind, genießt das Werk automatisch Urheberrechtsschutz. Was Schöpfungshöhe bedeutet, lässt sich allerdings nicht eindeutig aus dem Gesetzestext herauslesen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied dazu am 13. November 2013 (Az.: I ZR 143/12):

Es genügt daher, dass sie eine Gestaltungshöhe erreichen, die es nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise rechtfertigt, von einer „künstlerischen“ Leistung zu sprechen.

Diese Definition ist sehr weit gefasst, so dass im Streitfall die Gerichte entscheiden müssen, ob ein Werk urheberrechtlich geschützt ist oder nicht. Wichtige Stichworte sind hier Individualität und Originalität sowie geistige und persönliche Tätigkeit.

Bei Texten ist die Schöpfungshöhe eher gering. Auch Fotos genießen in der Regel Urheberrechtsschutz. Etwas höher scheinen die Anforderungen bei Logos zu sein.

Fällt ein Werk nicht unter den Schutz des Urheberrechts, weil die Schöpfungshöhe nicht erreicht wurde, so gilt das Werk als gemeinfrei.

Gemeinfrei

Werke gelten als gemeinfrei, wenn sie nicht durch das Urheberrecht geschützt sind und der*die Urheber*in weder die Verwertungs- noch die Urheberpersönlichkeitsrechte besitzt. Das bedeutet, dass Texte, Lieder, Fotos und Filme ohne Zustimmung des Urhebers verwertet und verbreitet werden dürfen.

Darüber hinaus gelten Gesetze, Verordnungen, amtliche Erlasse und Bekanntmachungen als gemeinfrei, da amtliche Werke grundsätzlich nicht dem Urheberrechtsschutz unterliegen.

Frist für den Urheberschutz

Urheberrechtlich geschützte Werke genießen diesen Schutz jedoch nur für eine bestimmte Zeit. Zur Dauer des Urheberrechts findet sich in § 64 UrhG folgender allgemeiner Hinweis:

Das Urheberrecht erlischt siebzig Jahre nach dem Tode des Urhebers.

Wird das Urheberrecht an einem Werk jedoch nach dem Tod des*der Urhebers*in auf die Erben übertragen, gehen die Rechte für einen Zeitraum von maximal 70 Jahren auf die Erben über.  

Nach dieser Frist gelten die Werke als gemeinfrei.

Übersetzungen sind im Urheberrecht besonders behandelt. Sie werden erst 70 Jahre nach dem Tod des Übersetzers gemeinfrei, der oft auch Urheber ist.

Was sind jetzt eigentlich Urheber?

Der Gesetzgeber definiert unter § 7 UrhG wie folgt:

Urheber ist der Schöpfer des Werkes.

Urheber*innen sind also Personen, die durch produktive und schöpferische Arbeit ein Werk geschaffen haben. Dies sind beispielsweise Autoren, Komponisten, Choreographen, Designer, Maler, Bildhauer, Erfinder, Programmierer und andere Berufsgruppen.

Urheber*in ist also jeder*jede, der*die seine*ihre eigene, persönliche Idee in eine fassbare Form bringt. Daher können auch Werke von Kindern und Menschen mit einer Behinderung unter das Urheberrecht fallen.

Mit der Schaffung eines Werkes entsteht automatisch das Urheberrecht. Das Gesetz verlangt weder eine Veröffentlichung noch eine Eintragung in ein Register. Daher können grundsätzlich auch Entwürfe oder Manuskripte urheberrechtlich geschützt sein. Entscheidend ist jedoch nicht die Idee, sondern allein das Werk, das durch die persönliche geistige Schöpfung des Urhebers entstanden ist.

Wichtig ist, dass der*die Urheber*in eine natürliche Person ist. Pflanzen, Tieren, Maschinen, Computern und Computerprogrammen fehlt die Grundlage für eine persönliche geistige Schöpfung. Ihre Produkte fallen daher nicht unter das Urheberrecht.

Kann ChatGPT nun ein Urheber sein?

Unter einer persönlichen geistigen Schöpfung ist eine zielgerichtete menschliche Gestaltung zu verstehen, der Schöpfungshöhe zukommt.

Dementsprechend kann ChatGPT also kein Urheberrecht an den von ihm erstellten Texten eingeräumt werden.

Darf ich dann ChatGPT-Texte einfach nutzen?

OpenAI gibt an, dass die künstliche Intelligenz ChatGPT mit einer großen Bandbreite an öffentlich zugänglichen Daten trainiert wurde. Dabei seien ausschließlich Inhalte verwendet worden, die online zur Verfügung stehen und gemeinfrei sind. Oder es seien Daten verwendet worden, deren Nutzung durch eine Lizenz erlaubt worden sei.

Da ChatGPT jedoch möglicherweise auch geschützte Werke Dritter verwendet hat, kann nicht ausgeschlossen werden, dass Urheberrechte an den generierten Texten bestehen. ChatGPT-Texte könnten also durchaus als Plagiate angesehen werden. Es ist nämlich möglich, dass es sich nur um geringfügig veränderte Versionen eines anderen Textes handelt oder dass sogar Elemente des Originaltextes wortgleich übernommen wurden.

Wer einen solchen Text vervielfältigt oder veröffentlicht, begeht eine Urheberrechtsverletzung im Sinne der §§ 16, 19 Urhebergesetz (UrhG). Der*die Urheber*in des Originals hat dann das Recht auf Beseitigung und Unterlassung, Vernichtung, Schadensersatz, Überlassung sowie Rückruf. Die Voraussetzungen und Folgen der einzelnen Ansprüche sind in den §§ 97 bis 101a UrhG geregelt.

Die anfangs gestellte Frage kann damit so beantwortet werden:

Texte, die von einer künstlichen Intelligenz wie ChatGPT erstellte wurden, sind nicht durch das Urheberrecht geschützt. Gleichwohl kann die unkontrollierte Nutzung dieser Texte das Urheberrecht verletzen.

Zur englischen Übersetzung des Artikels: Copyright: Are ChatGPT texts protected?

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