Warum lieben Amerikaner Donald Trump?

von | 6 Jan 2024

Am 1. August 2023 empfahl der Kongressausschuss, Donald Trump wegen Verschwörung und versuchten Wahlbetrugs vor dem Bundesgericht anzuklagen. Viele befürchten, dass er sich seiner Strafe entziehen wird. Kann das nur der Wähler verhindern, indem er Donald Trump nicht wieder wählt?

Der deutsche Zeitungsleser fragt sich, wie das amerikanische Volk hinter einem Mann stehen kann, der während seiner Präsidentschaft bereits ein Amtsenthebungsverfahren und direkt danach ein weiteres über sich ergehen lassen musste.

Seitdem muss sich der ehemalige Präsident vor verschiedenen amerikanischen Gerichten verantworten. So erwartet Donald Trump beispielsweise ein Prozess wegen der Fälschung von Geschäftsunterlagen, eine Anklage wegen des unsachgemäßen Umgangs mit geheimen Dokumenten und der Vorwurf der versuchten Fälschung des Wahlergebnisses bei der letzten Präsidentschaftswahl – ganz zu schweigen von den Fällen persönlichen Fehlverhaltens Donald Trumps.

August 2023: Amerika klagt Donald Trump an

Anfang August hat die Generalstaatsanwaltschaft ein Bundesverfahren gegen Donald Trump eingeleitet. Das Bundesgericht in Washington D.C. wirft ihm vier schwere Straftaten im Zusammenhang mit dem Amtsantritt seines Nachfolgers vor: Ihm wird eine Verschwörung zur Verhinderung der rechtmäßigen Ernennung von Joe Biden zum neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika zur Last gelegt.

Titelbild des Berichts des States United Democracy Centers: Backgrounder: U.S. Department of Justice charges Trump for 2020 presidential election interference, explained

Bericht des States United Democracy Centers: Backgrounder: U.S. Department of Justice charges Trump for 2020 presidential election interference, explained

Bericht des States United Democracy Centers: Fulton County, Georgia

Sonderermittler Jack Smith, der im Dezember 2022 von Generalstaatsanwalt Merrick Garland mit dem Fall Trump betraut wurde, beschreibt in seiner Anklageschrift äußerst detailliert, wie Trumps Bemühungen in der Zeit nach der Präsidentschaftswahl einer Verschwörung gleichkamen.

Der abgewählte Präsident habe versucht, Amerika zu betrügen. Außerdem habe er das verfassungsgemäße Verfahren des Kongresses zur Bestätigung der Wahl von Joe Biden zum Präsidenten der Vereinigten Staaten behindert. Ebenso schwer wiegt, dass Trump versucht hat, das Recht jedes amerikanischen Bürgers zu untergraben, seinen Präsidenten frei und direkt zu wählen. In manchen Ländern würde man dies als Hochverrat bezeichnen.

Die Anklage stellt fest, dass Trumps Behauptungen, es habe Wahlbetrug vorgelegen, „falsch“ seien und dass er „wusste, dass sie falsch waren“. Smith beweist seine Anschuldigung, dass Trump die Wahlergebnisse umkehren wollte, obwohl er wusste, dass er die Wahl rechtmäßig verloren hatte: Er legte eine Liste mit Namen von Beamten, Beratern und Anwälten vor, die bestätigten, ihm genau dies erklärt zu haben.

Nach 18-monatigen Ermittlungen empfiehlt der Kongressausschuss dem Justizministerium, Anklage gegen Donald Trump zu erheben. Ihm wird das schwerste politische Verbrechen vorgeworfen, das in einer Demokratie begangen werden kann: Verschwörung gegen den Staat.

Kann Donald Trump immer noch Präsident werden?

Jeder Bürger, dem so schwere Verbrechen zur Last gelegt werden, würde sich aus dem öffentlichen Leben zurückziehen. Deutsche Politiker würden nicht mehr für ein hohes Staatsamt kandidieren. Nicht so Donald Trump. Er beschwert sich öffentlich über dieses unfaire Verhalten ihm gegenüber und vergleicht das Vorgehen des Ministeriums mit „Nazi-Deutschland in den 1930er Jahren“.

Erstaunlicherweise sind seine Chancen, Präsident zu werden, noch nicht vertan. Denn die amerikanische Verfassung verlangt von ihren Präsidentschaftskandidaten nur vier Qualifikationen: Nach Artikel II der Verfassung müssen Präsidentschaftskandidaten in den USA geboren sein, das 35. Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens 14 Jahren in Amerika leben. Der 22. Verfassungszusatz fügt hinzu, dass der Kandidat nicht zweimal zum Präsidenten gewählt worden sein darf.

Nichts hindert Kandidaten, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten oder sogar verurteilt worden sind, daran, für das Präsidentenamt zu kandidieren. Sie können sogar aus dem Gefängnis heraus kandidieren.

Donald Trumps Stärke

Die größte Stärke von Donald Trump wird in seiner Fähigkeit gesehen, die Realität ein wenig zu verschleiern. Er ist sehr aktiv in den sozialen Medien und postete seine Kurznachrichten zunächst auf Facebook und Twitter, bis diese Internetplattformen seinen Account sperrten. Jetzt versorgt er seine Anhänger auf seiner eigenen Plattform Truth Social mit seiner Version der Wahrheit. Widerspricht ihm jemand, bezichtigt er ihn des Verrats oder der Verbreitung von „Fake News“. Er prägte auch den Begriff der „alternativen Wahrheit“.

Ein weiterer Aspekt, warum Donald Trumps Wirkung nicht nachlässt, ist, dass es ihm immer wieder gelingt, die uramerikanischen Werte ins Spiel zu bringen. So konnte er nur einen Tag, nachdem die Geschworenen ihn für schuldig befunden hatten, die Kolumnistin und Autorin E. Jean Carroll sexuell missbraucht und verleumdet zu haben, die ganze Angelegenheit im nationalen Fernsehen zu seinem Vorteil nutzen. Er feierte den „großartigen Tag“, pries die Bedeutung von Familie und Recht und Ordnung und lobte amerikanische Größe und Stolz. Trump feierte die amerikanische Einstellung zu Christentum, Patriotismus und Fleiß.

Sein Vorteil ist, dass die Amerikaner bereit sind zu vergessen, sobald diese Werte ins Spiel kommen. Obwohl der Ex-Präsident vor Gericht unterlag und zu einer Geldstrafe in Millionenhöhe verurteilt wurde, spielte er sich vor den Journalisten als Spitzenkandidat für die Präsidentschaftswahlen auf.

Donald Trump im Umfragehoch

Umfragen in den Vereinigten Staaten zeigen, dass deutlich mehr Amerikaner der Meinung sind, der ehemalige Präsident habe einen besseren Job gemacht als der amtierende. Die Wähler werfen Joe Biden vor, dass seine Amtszeit mitten im Aufschwung begann – den Trump sich auf die Fahnen schreibt – und dass damals bereits zwei Drittel der durch die Corona-Pandemie verlorenen Arbeitsplätze wiederhergestellt waren. Biden sei also eher für steigende Preise als für massenhaft neue Arbeitsplätze verantwortlich.

Donald John Trump polarisiert und schafft es immer wieder, sich eine Bühne zu bauen, auf der er glänzen kann. Er präsentiert sich gerne in seiner Lieblingsrolle: als Opfer dunkler, parteiischer Mächte, die ihn in den Schmutz ziehen, nur um die herrschende Oberschicht zu schützen. Das gefällt dem amerikanischen Durchschnittsbürger offenbar.

Wer oder was könnte also Donald Trump daran hindern, erneut Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika zu werden? Viele Politiker und Journalisten sind sich einig: Nur die Politik – nicht das Gesetz – kann ihn aufhalten.

Zur englischen Übersetzung des Artikels: Why do Americans love Donald Trump?

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